SANDRA
Die ersten Folgen sind binge-worthy, dann kommt ein flacher Plot-Twist. Insgesamt aber: sehr unterhaltsames Gedankenspiel.

Darum geht es in SANDRA
Die Scheidung vom Mann, mit dem sie seit Monaten nicht mehr zusammen ist und ein aufregender Job, der sie die Vergangenheit vergessen lässt: Helen (gesprochen von Alia Shawkat) will ein neues Leben starten. Sie fängt bei Orbital Dynamics an, einer Firma, die den weltbesten persönlichen Assistenten erschaffen hat: Sandra. Sandra beantwortet genau wie Siri und Alexa Fragen, speichert Kontakte ins Handy oder Tablet und erinnert an Termine. Der Unterschied: Hinter Sandra (gesprochen von Kristen Wiig) steckt keine AI, sondern hunderte Menschen.
Helen wird eine von vielen Sandras. Sie sitzt in einem Call Center und führt die Wünsche ihrer Kunden aus. Dabei erhält sie Einblicke in das Leben jedes einzelnen Anrufers: Letzte Aufenthaltsorte, Anschaffungen, Beziehungen zu anderen Leuten. Als Mensch kann Helen nicht anders, als sich mehr und mehr in das Leben der Anrufer einzumischen. Ihr Chef Dustin (gesprochen von Ethan Hawke) lobt sie für Einsatz und Empathie. Doch dann überschreitet Helen eine Linie.
AI, Überwachung, Datenschutz: Die Autoren Kevin Moffett (FURTHER INTERPRETATIONS OF REAL-LIFE EVENTS) und Matthew Derby (THE SILENT HISTORY) beschäftigen sich in SANDRA mit einigen der relevantesten Themen unserer Zeit. Nach HOMECOMING ist SANDRA das zweite Hörspiel von Gimlet Media. Im Netz wird aktuell über eine zweite Staffel spekuliert. Sicher ist: SANDRA soll auch ins Fernsehen kommen. Die Produktionsfirma Wiip hat sich die TV-Rechte gesichert.
So findet Franziska SANDRA
Die ersten Folgen von SANDRA ziehen mich unglaublich rein: Ich bin bei Helens Bewerbungsgespräch dabei und bei ihrem ersten Tag als SANDRA. Ich erlebe dann, wie sie beleidigt wird, wie sie knifflige Aufgaben löst und damit Kunden glücklich macht. Besonders spannend wird die Geschichte, als Helen immer mehr von ihrem Charakter in ihre Version von SANDRA einfließen lässt. Die mechanische Stimme, mit der sie menschliche Ratschläge gibt und die ungläubigen Reaktionen der Kunden darauf formen ein wunderbares Gedankenspiel: Was wäre, wenn hinter Siri, Cortana und Co. Menschen stehen würden? Würden wir es merken? Und wie gehen diese Mitarbeiter, die Zugriff auf unsere Daten haben, mit uns um?
Ich fühle mich ein wenig an Dave Eggers' THE CIRCLE und HER (Spike Jonze) erinnert und erwarte entweder Chaos oder Liebe als Auflösung der Geschichte. Doch es kommt anders. Leider. Statt der Fortführung von intelligentem Drama gibt es einen Plot-Twist, der das Ende von SANDRA zu einem nicht erinnerungswürdigen Thriller mit auswechselbaren Charakteren macht. Dabei sind die Zutaten für ein Top-Hörspiel alle da: Die Idee für eine tolle Geschichte, ein Charakter, mit dem ich mitfiebern kann, ein großartiger Sprecher-Cast und eine Gimlet-typische 1a-Produktion.
Fazit und Wertung von: Franziska 7
Was wäre, wenn hinter Siri und Cortana ein Callcenter voller Menschen stecken würde? Durch die Augen der Protagonistin Helen erlebe ich genau diese Geschichte: Helen wird eine von vielen menschlich betriebenen persönlichen Assistenten - SANDRA. Dieser Job wirft viele Fragen auf. Die ersten Folgen sind binge-worthy, dann kommt ein flacher Plot-Twist. Insgesamt aber ein sehr unterhaltsames Gedankenspiel, das zum Nachdenken anregt.