MENSCH MUTTA
MENSCH MUTTA beweist, dass auch deutsche Podcasts lässiges und gutes Storytelling können.

Darum geht es in MENSCH MUTTA
In MENSCH MUTTA erzählt die Hörfunk-Journalistin und Dokumentarfilmerin Katharina Thoms über das Leben ihrer Mutter in der DDR. In den sieben etwa 20-minütigen Episoden geht es um den damaligen Alltag dort: um den Job, ums Heiraten und sich Scheiden lassen, um Kindererziehung. Aber auch um seltenere bzw. seltener erzählte Momente wie den Urlaub in Ungarn und über die katholische Kirche in der DDR - denn darüber fand die Mutter der Autorin ihren ersten Job. MENSCH MUTTA ist ein Storytelling-Podcast, ein Porträt des Podcast-Hosts über ihre Mutter. Dafür haben sich Mutter und Tochter zusammengesetzt und über eineinhalb Jahre immer mal wieder Interviews am Küchentisch geführt. Diese Interviewsequenzen fließen ein in die Geschichte, die die Podcastmacherin Episode für Episode erzählt. Zusätzlich hören wir die MUTTA an einigen Stellen 20 Jahre früher, als die Podcastmacherin sie für ein Schulprojekt interviewt hatte. Als Hörerin verfolge ich Thoms beim Wiederherstellen der Geschichte ihrer Mutter: Sie rekonstruiert, fragt bei ihrer Mutter nach, schätzt ein und kommentiert. Die einzelnen Episoden folgen einer Chronologie: Wir starten bei Schule und Berufswahl der Mutter und enden beim Mauerfall. MENSCH MUTTA ist nominiert für den Grimme Online Award 2019.So findet Franziska MENSCH MUTTA
Wenn ich an die DDR denke, dann kommen mir zuerst Geschichten über versuchte Grenzüberquerungen oder Auflehnungen gegen das System in den Kopf. MENSCH MUTTA ist wesentlich weniger in-your-face-politisch und erzählt ganz unaufgeregt vom Alltag in der DDR, der natürlich hochpolitisch war. Anhand des Lebens der Mutter werden so viele spannende Facetten dieses Lebens deutlich: Da ist der unausgefüllte Berufswunsch der MUTTA, die sich gar nicht als rebellisch bezeichnen würde. Und dann dieser Urlaub in Ungarn mit ihren Freundinnen: Das Hotel konnten sie sich kaum leisten, Essen erst recht nicht – und trotzdem schwärmt Mutta von dem Urlaub. Ganz plastisch erlebe ich die Erzählung mit: Sehe den Brotkorb im ungarischen Restaurant praktisch vor mir, aus dem MUTTA im Restaurant Brot klaut, weil sie hungrig war. Ich kann mich darin hineinversetzen, wie sie zulangt, wenn ein*e Westler*in sie zum Essen einlädt. Thoms fragt an diesen Stellen die Fragen, die ich mich als Hörerin auch frage. Sie hakt nach, ordnet ein – und lässt Persönliches aus der Beziehung zu ihrer Mutter einfließen. Das macht sie so cool und gut, wie ich es bisher in keinem anderen deutschsprachigen Podcast gehört habe. Thoms inszeniert sich als Host nicht, sondern bringt sich so viel ein, wie es die Erzählung an dieser Stelle braucht, um verständlich zu sein. Außerdem hat sie ein Händchen für Timing. Sie lässt den Erzählungen ihrer Mutter Luft – und wenn es sein muss auch unangenehme Pausen, in denen ich als Hörerin das Gesagte verdauen kann.Fazit und Wertung von: Franziska 9
MENSCH MUTTA beweist, dass auch deutsche Podcasts lässiges und gutes Storytelling können. Katharina Thoms erzählt den Alltag ihrer Mutter in der DDR - anhand von Mutter-Tochter-Gesprächen am Küchentisch. Dabei bringt Thoms ihre Beobachtungen und Einordnungen ein. Ich fühle mich als Hörerin so, als ob ich mit an diesem Tisch sitzen würde und möchte MUTTA und ihre Geschichte immer mehr kennenlernen! Großartig.