A VERY FATAL MURDER
Ein Tritt in den Arsch aller True-Crime-Liebhaber.

Darum geht es in A VERY FATAL MURDER
In Bluff Springs, Nebraska [sic!] – einem Dorf, in dem die Leute immer noch über den Gartenzaun mit einander reden und niemand HBO abonniert hat - wurde die 17-jährige Hayley Price brutal ermordet. Der OPR-Reporter David Pascall führt hier intensive Interviews mit Familie und Freunden der jungen Frau. Auch in A VERY FATAL MURDER beschert uns das ambitionierte Storytelling der US-Amerikaner wahren Podcast-Genuss: persönlich, direkt, intim. Es zeigt sich, dass der Dorf-Millionär, ein gewisser W.O.Calloway, wie ein dunkler Schatten über dem freundlichen Dorf schwebt. Die einzige Spur von ihm ist ein Kartoffelsalat-Sandwich, der neulich angeblich auf seinem Befehl hin zur Menükarte seines Diners hinzugefügt wurde. Und wie Pascall am Anfang der zweiten Folge erläutert: Es gibt zwei wichtige Fakten im Fall Hayley Price - diejenigen, die er kennt und diejenigen, denen er noch nicht kennt. A VERY FATAL MURDER ist eine spannende, dezent mit Musik inszenierte True Crime-Story im Stile von Serial und S-Town. Qualitativ auf dem Level seiner Vorgänger mit einem einzigen Unterschied: A VERY FATAL MURDER ist die perfekte Satire.So findet Ragnhild A VERY FATAL MURDER
Der Fall Hayleys entspricht allen Anforderungen einer True-Crime-Story: "brutal, ungelöst, liest sich wie ein Kommentar des inneren Schweinehunds zum amerikanischen Traum, handelt vom Niedergang der Industrie und thematisiert Schönheitsnormen, prekäre Arbeitsverhältnisse, industrielle Landwirtschaft, die Abhölzung der Wälder, gesättigte Fettsäuren, die Zerbrechlichkeit der Liebe, das neue, goldene Zeitalter des Fernsehens und CO2-Emissionen". Und A VERY FATAL MURDER ist so dermaßen entlarvend! Nicht nur macht Pascall sich über sich selbst als sensationsgeiler und zynischer Reporter lustig, sondern man wird als Podcast-Hörer immer wieder vorgeführt, wie blind wir Geschichten folgen, wenn sie gut und emotional erzählt sind. "Wurdest du jemals zu einem Podcast interviewt?", fragt Pascall und die Freundin des Opfers zögert kurz: "Ich glaube nicht". Die darauf folgende, leise Freude des Reporters tut so weh beim Zuhören. Aber so funktioniert Satire auf ganz hohem Niveau! Dem Onion-Team um Pascall ist eine perfekte Kopie einer True-Crime-Story gelungen – sogar die offensichtlich inszenierte Spannungsmusik verführt einen immer wieder zur emotionalen Identifizierung. Das ist zum Mäusemelken! Denn die Satire wirkt: Als ich die neueste Folge von The Assassination, einer hervorragenden BBC-Serie über den Mord an Benazir Bhutto lauschte, merkte ich in aller Deutlichkeit, wie klischeehaft und stereotyp die Erzählform des True-Crime geworden ist. Wir brauchen einen Errol Morris des Podcasts!Fazit und Wertung von: Ragnhild 9
Echter als echt! Und ein Tritt in den Arsch aller True-Crime-Liebhaber. A VERY FATAL MURDER ist eine grandiose Satire auf die beliebten True-Crime-Podcasts und zwar in einer perfekten 1:1 Inszenierung. Jede zukünftige True-Crime-Story wird sich nun verantworten müssen, wie sie mit ihren erzählerischen Mitteln umgeht. So wie bisher geht es nach A VERY FATAL MURDER nicht weiter!