Micky Beisenherz: „Bei Instagram zeige ich mehr Blödsinn. Bei Twitter ist es mehr Ernsthaftigkeit und weniger Narzissmus. Beim Podcast kommt dann einfach alles durch!

Ob Micky Beisenherz noch Zeit für Freunde hat? Fraglich! Zumindest verbringt er neben seiner TV-, Buch- und Bühnenaktivität gefühlt die meiste Zeit hinter dem Podcast-Mikrofon.
Nach FUSSBALL MML, JUWELEN IM MORAST DER LANGEWEILE und diversen Gastauftritten in anderen Podcasts, bringt er seit Anfang April drei Mal die Woche sein tagesaktuelles Format APOKLYPSE & FILTERKAFFEE heraus. Immer Montag-, Mittwoch- und Freitagmorgen gibt es die Beisenherzsche Kommentierung der wichtigsten Schlagzeilen. Wir haben ausnahmsweise auf eine Review zum Podcast verzichtet (wer Beisenherz und seinen bissigen Humor mag, wird den Podcast lieben) und lieber mit Micky über die Chancen diskutiert , die Podcasts für Promis heute haben.
Micky, A&F ist jetzt dein dritter regelmäßiger Podcast. Ansonsten ist dir beruflich auch nicht gerade langweilig. Warum investierst du so viel Zeit in Podcasts?
Weil ich in Podcasts uneingeschränkt durch irgendeinen Fernsehredakteur das machen kann, was mich wirklich interessiert. Ohne da jemand sitzen zu haben, der sagt: „Oh, das versteht das Publikum nicht. Das lassen wir raus!“
Quasi dein „Schaufenster“?
Ja, genau! Mein Schaufenster. Aber halt eben mit der richtigen Auslegware. Eine Fernsehkarriere kann ja häufig auch bedeuten, dass man bekannt ist mit einer Sache, die einen persönlich nicht interessiert. Podcast dagegen ist bekannt werden mit Dingen, die einen sehr umtreiben. Das sehe ich auch bei Kollegen wie Tommi Schmitt. Sich auf diese Art und Weise ein Publikum zur „erspielen“ ist doch das Schönste, was es im Medienleben geben kann! Wir sind unsere eigenen Herausgeber! Außerdem will man heute nicht mehr bekannt werden, um endlich ins Fernsehen zu kommen. Viele Podcaster brauchen das nicht mehr. Warum auch? Einige Podcasts haben über eine Million Hörer. Die brauchen das Fernsehen nicht. Das hat sich mittlerweile abgekoppelt. Ich habe manchmal das Gefühl, dass Podcasts gerade so wie die Pionierzeit des Privatfernsehens angegangen werden. Genau wie damals kann gerade jeder machen was er will. Diese Freiheit gibt's ja sonst nirgendwo mehr. Ich weiß gar nicht, ob diese kreative Goldgräberstimmung irgendwann aufhört! Es macht ja wirklich jeder mit! Das jetzt sogar Gerhard Schröder einen Podcast herausbringt, zeigt doch, dass es auch beim „einfachen“ Bürger angekommen ist.
Klingt alles nach Spaß und kreativer Spielwiese. Aber am Ende steckst du gerade für APOKYLPSE & FILTERKAFFEE auch eine Menge Zeit in die Produktion. Würdest du das auch machen, wenn du in Zukunft damit kein Geld verdienst?
Im besten Falle macht man es ja sowieso, weil man etwas zu sagen hat und nicht für den Fame oder das Geld. Ganz konkret hatten wir bei unserem Fußball-Podcast MML jetzt in der Corona-Krise phasenweise keine Sponsoren. Trotzdem haben wir weiter produziert – für uns und für die treuen Hörer. Bei APOKALYPSE & FILTERKAFFEE ist es auch so, dass wir trotz einer sehr schnell sehr hohen Hörerzahl immer noch nicht werbefinanziert sind. Und trotzdem mach ich es, weil ich es gut finde! Am Anfang sollte man es immer aus Überzeugung und Begeisterung für das machen, was man da letzten Endes präsentiert! Der Apokalypse-Podcast bringt mir einfach die Befriedigung, dass viele Leute sagen: „Der Podcast bring mich gut informiert UND gut gelaunt in den Tag, ohne die Tiefe zu vermissen." Das ist ja für jemanden wie mich, der sich in gewisser Hinsicht als Kreativer begreift, erst mal ein schönes Feedback. Aber natürlich habe ich auch rein gar nichts dagegen, damit Geld zu verdienen!
Kurz gesagt: Der Podcast ist dein Tool zur Imagepflege – also neben dem ab und zu mal Geld verdienen?
Definitiv! Ich liebe es jetzt mit unterhaltsamer Informationsvermittlung zu reüssiert. Das macht mich glücklicher als der irgendwie sehr bekannte ZDF Quiz-Onkel zu sein. Das muss ich wirklich nicht mehr in meinem Wikipedia-Artikel haben! Das Quiz würde mich wahrscheinlich finanziell schneller absichern, ob es mehr Spaß macht ist mal dahingestellt.
Kannst du vom Feedback her sehen, ob du eine neue Zielgruppe mit dem Podcast erreichst?
Also ich gehe fest davon aus, dass da neue Leute dabei sind, die mir bisher noch nicht auf anderen Kanälen folgen. Es ist auch so: jeder Account – also Instagram oder Twitter oder eben auch der Podcast - legt den Schwerpunkt auf eine andere Facette dessen, was mich persönlich interessiert und ausmacht. Bei Instagram ist ein bisschen mehr Blödsinn dabei. Bei Twitter vielleicht ein Hauch mehr Ernsthaftigkeit und etwas weniger Narzissmus und im Podcast kommt vielleicht einfach alles zusammen. Bei mir ist es ja so: Ich habe in den letzten fünf, sechs Jahren nochmal eine etwas andere Entwicklung gemacht, zumindest was die Außenwahrnehmung angeht. Ich habe mich schon auch mit mehr Ernstahftigkeit auf mehr nachrichtliche und gesellschaftliche Themen fokussiert - einfach weil es mich mehr und mehr interessiert hat. Das darf man dann im Podcast auch gerne merken.
Johannes sagt Danke an Micky Beisenherz, der extra für dieses Interview seinen "Ich muss meinen Rücken etwas gutes tun"-Spaziergang unterbrochen hat und sich auch damit zufrieden gab "nur" 8 Minuten über die schlechte zweite Staffel von AFTER LIFE zu haten. (03.06.20)