SOLD IN AMERICA
Sex ist wie Armut nicht immer eine Frage der Zustimmung!

Darum geht es in SOLD IN AMERICA
Noor Tagouri hostet den Podcast SOLD IN AMERICA. Anfangs recherchiert sie zu Trafficking in den USA, kommt aber mehr und mehr zu dem Schluss, dass „normale“ Prostitution und unser Verhältnis dazu eine entscheidene Rolle spielen. Sie fängt an mit Prostituierten auf der Straße zu reden, mit Frauen, die in Bordellen arbeiten, mit Obdachlosen, die buchstäblich ihr tägliches Brot mit Sex verdienen und mit Frauen, die Sex online anbieten. Während beim Trafficking, also das Verschleppen von Frauen zwecks Zwangsprostitution, sofort ein Täter identifizierbar ist, verschwimmt das Bild des Opfers bei anderen Arten des Handels mit Sex. Da gibt es die Frau, die Sex als ganz normale Arbeit versteht, der sie selbständig ohne Zuhälter nachgeht. Da gibt es den Bordellbesitzer, der für Legalisierung plädiert, um das dreckige Geschäft mit Drogen und Gewalt zu bekämpfen. Dann gibt es da eine Frau, die übers Internet Sex verkauft - ein neues Gesetz schreibt vor, dass sich Portalinhaber für die Inhalte strafbar machen, woraufhin die Online-Plattformen geschlossen wurden. Für die Frauen, fällt ein geschütztes Forum somit weg, in dem sie sich unter sich ausgetauscht haben, und sie müssen sich nun auf der Straße in einer viel gefährlichen Umgebung behaupten. Und da gibt es letztendlich den Aktivisten, der dafür plädiert die Sexkäufer zu kriminalisieren, denn ohne sie gäbe es den Sexmarkt ja gar nicht. Der Podcast besteht aus acht Folgen, in der letzten, sehr hörenswerten kommen die Hörer mit Fragen an zwei Prostituierte zum Wort. Darüberhinaus bietet Tagouri an bestimmten Stellen den Hörern an, sich Fotos zu konkreten Situationen über eine (US-)Nummer abzurufen.So findet Ragnhild SOLD IN AMERICA
Newsy, ein Newsportal und Produzent von SOLD IN AMERICA, ist nach eigenen Angaben ein Medium für Millennials. Tagouri selber ist erst 24 Jahre alt. Die Inhalte des Podcast sind nicht unbedingt neu, aber die geballte Information über die vielen Aspekte der Sexarbeit ist wirklich informativ. Entscheidend für das Hörerlebnis sind die kleinen Dinge: Wie Noor den Look des Inhabers eines Bordells in Nevada beschreibt oder ihre teils naiven Fragen an hartgesottene Frauen, die Sachen erlebt haben, die man lieber gar nicht wissen will. Einprägsam ist der Moment, als sie mit obdachlosen Jugendlichen spricht, die ihren Körper gegen Essen verkaufen; ein Sozialarbeiter bringt Donuts, und sie kann sie trotz großem Hunger wegen Ramadan nicht essen. Da merkt man plötzlich, dass hier eine verschleierte Frau die Interviews führt. SOLD IN AMERICA schafft es, das Thema in seiner ganzen Komplexität so zu beschreiben, dass die eigenen Vorurteile über Sexarbeit gründlich in Frage gestellt werden. Die achte und letzte Folge ist ein Gespräch mit zwei Prostituierten, die die allgemeinen Vorstellungen über Sex, Arbeit und Ausbeutung kurz und knapp auf den Kopf stellt: Sex ist wie Armut nicht immer eine Frage der Zustimmung, meint die eine. Ganz normale Arbeiter werden auch ausgebeutet, und wir würden sie deswegen nie kriminalisieren. Am eindringlichsten ist die Aussage einer Frau, die aus purer Armut ihren Körper verkauft: „Das hier ist kein Albtraum, es ist mein Leben!“Fazit und Wertung von: Ragnhild 8
Der Podcast ist eine investigative Untersuchung von Sexarbeit. Während es zu Beginn vor allem um die Käufer geht, erweitert sich das Spektrum auf viele verschiedenen Formen der Sexarbeit. Fast alle sind der Meinung: Sex ist wie Armut nicht immer eine Frage der Zustimmung. Der Podcast ist absolut hörenswert und abwechslungsreich.